Brief an Bundespräsident und Bundeskanzler: GEGEN UNGLEICHHEIT

Der vorliegende Fall ist symptomatisch, für das was hierzulande passiert und gewissermassen auch ein Gipfelpunkt: Arme können de facto nicht einmal erben, sondern müssen sich betrügen lassen; für sie ist die Sozialhilfe zuständig; hingegen betrügende ErbInnen auch noch das Tor zur Steuerhinterziehung geöffnet bekommen. Dabei gäbe es politisch Lösungen, die allerdings, wie üblich, nicht angegangen werden: ein faires Erbrecht (wie es die BRAK bereits 2019 vorschlug), effektiven Rechtsschutz, Verhinderung von erbrechtlich motivierter Steuerhinterziehung, keine Ausgrenzung von Armen und Behinderten aus dem Rechtssystem.

Seit Jahrzehnten wird in der Bundesrepublik eine Zunahme der sozialen Ausgrenzung und damit Abnahme der Verteilungsgerechtigkeit diagnostiziert. (Berlit/Conradis/Pattar, Existenzsicherungsrecht, Kap. Gesellschaftliche und gesamtwirtschaftliche Bedeutung, Rn 28, 3. Aufl., 2019). Dergleichen auch, Armut erfasst breitere Bevölkerung (ver.di Wirtschaftspolitik aktuell 06/2024, https://wipo.verdi.de/publikationen/++co++708e662e-f194-11ee-9cee-4f4da0c4a73f); Ungleichheit ist ein zentrales Problem dieser Republik (beispielhaft: Jens Berger: Wem gehört Deutschland. Die Bilanz der letzten 10 Jahre, 2024); Umverteilung nach oben wird politisch aktiv betrieben, anstatt diese anzugehen (Christoph Butterwegge, Umverteilung des Reichtums, 2024). Für Arme ist der Rechtsstaat längst erodiert (Ronen Steinke, Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich, 2022) oder Umformung des Rechts durch Vermögende (Katharina Pistor, The code of capital- How law creates wealth and inequality, 2019).

Mit der Vermögenskonzentration einher geht Ungleichheit, denn „das Eigentum hat eine Machtverteilungsfunktion. Das Recht des Eigentumerwerbs und die Verteilung der Eigentumsgegenstände insbesondere der Produktionsmittel auf eine Vielzahl von Personen verhindern macht Machtakkumulationen in der Hand des Staates oder wirtschaftlicher Monopole. Das Eigentum wird also dezentralisierend. Es verhindert, dass politische Herrschaft und unbeschränkte ökonomische Macht in der Hand des Staates zusammenfallen. Es hat eine Machtaufteilende- und beschränkende Funktion und sichert dem Einzelnen einen Anteil an der Wirtschafts- und Sozialgestaltung.“ (Grundgesetz, Kommentar, Maunz, Dürig (begründet), Bd II, Art 14, S. 20 ff.).

Es gibt keine Vermögensverteilungsmechanismen mehr, nicht mal bei erbrechtlichen Ansprüchen.

Es wird noch darauf hingewiesen, dass mit der Zunahme der Armut auch die Gefahr der rechtlichen Ausgrenzung steigt, wie der folgende Fall deutlich zeigt.

Wer hierzulande vulnerabel ist, bekommt die Grundrechte entzogen, und auch keinen Zugang zur Rechtsordnung, zunehmend lassen sich Justizverfall und Klassenjustiz beobachten. Ist die Bundesrepublik noch ein Rechtsstaat gemessen an den eigenen Normen? Wie viel Ungleichheit (vor dem Gesetz, ökonomisch) verträgt eine demokratische Gesellschaft?

Was hier betrieben wird, ist Umverteilung durch Ungleichheit- über steigende Sozialkosten braucht sich dann gerade nicht beklagt zu werden, denn Ungleichheit ist systemisch, diese belastet nicht nur den Haushalt, sondern führt auch zu Steuerverlusten. Ungleichheit ist antidemokratisch und führt zu fiskalischen Problemen und in Folge zu Kürzungen bei Infrastruktur und Daseinsvorsorge.

 Wenn politisch gewollt, gibt es Lösungen, die erbrechtlichen Betrug und Steuerhinterziehung daraus verhindern:
Belegvorlage und Kontrolle bei Steuerstellen, Stellungnahme BRAK 36/19;
Art. 23 j DSGVO zivilrechtliche Beweissicherung zulassen;
Belegaufbewahrung Ehegattengeschenke („in Österreich steht es außer Streit, dass auch ein Pflichtteilsberechtigter das Recht hat im Verlassenschaftsverfahren zu beantragen, dass Konten des Erblassers, rückwirkend vom Todestag bis zum Zeitpunkt der Eröffnung des Kontos, offenzulegen sind. Die Gerichte in Österreich lassen sich dabei von dem simplen Grundsatz leiten, „dass der materielle Pflichtteilsanspruch das Bankgeheimnis durchbrechen (müsse), weil die Rechtsordnung nicht materielle Rechte gewähren, gleichzeitig aber deren prozessuale Durchsetzung verhindern könne“, so OGH 16.04.2009, 6Ob287/08m“– aus: Bankunterlagen und Kontoauszüge im Pflichtteilsstreit – Welche Möglichkeiten hat der Pflichtteilsberechtigte? Dr. Georg Weißenfels, Erbrecht-Ratgeber);
keine Diskriminierung von Armen im Pkh Verfahren;
dergleichen auch nicht von Armen und Behinderten bei den Behörden; und allgemein Bekämpfung von Ungleichheit und Armut hierzulande.

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